Folgender Artikel wurde für die Festschrift der Jubiläumsveranstaltung anlässlich des 100-jährigen Bestehens des SPD-Ortsvereins Röslau am 25. November 2006 von Herrn Arthur Schneider verfasst:
Die SPD – ein bestimmendes Element in den letzten 100 Jahren der Röslauer Geschichte. Viel Spaß beim Eintauchen in unsere Geschichte.
Die Gründung des SPD-Ortsvereins Röslau, damals Oberröslau, kann heute nicht mehr genau nachvollzogen werden, weil wichtige Unterlagen im Zweiten Weltkrieg zerstört wurden. Eines steht jedoch fest: Gleich nach der Jahrhundertwende nahm die Sozialdemokratie in Röslau ihren Anfang.
Die von Heinrich Hüttel im Jahre 1965 erstellte Ortsvereinschronik gibt auch keinen eindeutigen Aufschluss darüber, wann in Oberröslau der SPD-Ortsverein ins Leben gerufen wurde. In der Chronik kommen zwei verdiente Genossen zu Wort, die das Wirken der örtlichen SPD bis 1933 schildern: Gottlieb Layritz ging davon aus, dass die Gründung im Jahre 1903 oder 1904 erfolgt sein muss. Martin Grimm sprach von 1907.
Es ist durchaus möglich, dass der Ortsverein Oberröslau aber bereits am 28. Oktober 1900 entstand. In der oberfränkischen Volkszeitung war am 2. November 1900 ein Bericht über die Gründungsversammlung mit Wahl eines Vorstandes zu lesen. Allerdings wurden in dem Bericht keine Namen genannt.
In den Gründerjahren der SPD-Ortsvereine im Fichtelgebirge zu Beginn des 20. Jahrhunderts, war es alles andere als leicht, sich zur Sozialdemokratie zu bekennen. Wer dies getan hat, musste mit schwersten Repressalien und dem Verlust des Arbeitsplatzes rechnen. Deshalb ist es sicherlich zu verstehen, wenn zu Beginn unseres Jahrhunderts sozialdemokratische Ortsvereine gegründet, aufgelöst und wiedergegründet wurden.
Seit fast 100 Jahren haben sich Frauen und Männer aus Röslau für die Freiheit der Vielen, für mehr soziale Gerechtigkeit und für die Demokratie eingesetzt. Sie haben das schon zu einer Zeit getan, als sich andere noch in Kniefällen, Katzbuckeln und Kratzfüßen vor Kaiser, König und Hofschranzen erschöpften. Sie haben 1914 für den Frieden in Europa gestanden, in einer Zeit in der die Konservativen mit Hurra-Patriotismus in den ersten Weltkrieg gehetzt haben. Sie waren gut genug, nach diesem schrecklichen Weltkrieg wieder aufbauen zu dürfen.
Sozialdemokraten haben der Braunen Diktatur widerstanden, während die Konservativen die Braunen zur Diktatur ermächtigten. Während die anderen Parteien nach dem 2. Weltkrieg ihr Firmenschild ändern mussten, konnten Sozialdemokraten ihrem guten Namen treu bleiben. Wir Sozialdemokraten sind stolz auf die Geschichte unserer SPD und stolz auf die Frauen und Männer, auch aus Röslau, die diese Geschichten mitgestaltet haben.
Aus Berichten von alten Genossen und Zeitungsartikeln geht hervor, dass die ersten Vorsitzenden Johann Köhler, Josef Fiedler und Oskar Gebhardt hießen. Zu den Gründern des Ortsvereins Oberröslau gehörten aber auch Jakob Friedrich, Andreas Dobl, Johann Seifert, Sabiner Michael, Daniel Hesel, Georg Grimm, Johann Seidel und Gottfried Rolgler. Einer der Aktivsten war um das Jahr 1906 Johann Seifert. Trotz schwerer Krankheit zog er immer wieder von Haus zu Haus um neue Mitglieder zu werben.
Bei der Reichstagswahl 1907 – Kandidat für die SPD war damals der Schneidermeister Karl Hugel aus Bayreuth – ereignete sich in Röslau folgender Vorfall: Da die Wahlen zu dieser Zeit meist an einem Werktag stattfanden, hatten viele Arbeiter, vor allem die auswärts beschäftigten, keine Gelegenheit, ihre Stimme abzugeben. Jakob Friedrich, der bei Weber und Ott in Wunsiedel arbeitete, entschuldigte sich am Wahltag bei seiner Firma mit der Begründung, er baue zurzeit einen Kellerstand und müsse Schwarten holen. Als er am anderen Tag wieder zur Arbeit erschien, schickte ihn der Direktor mit den Worten heim: Wo er gestern die Schwarten geholt habe, solle er heute die Bretter holen.
In dieser Zeit hatte die Partei ganz enge Verbindungen mit den Gewerkschaften. Streiks und Aussperrungen waren nichts Unbekanntes. 1912 standen die Genossen Oskar Gebhardt, Hans Rößler und Hans Wunderlich arbeitslos auf der Straße. Oskar Gebhardt legte deshalb sein Amt nieder. An seine Stelle trat Gottfried Rogler. Nach Beendigung des Ersten Weltkrieges gründeten die Genossen Rogler und Friedrich den Arbeiter- und Bauernrat in den Gemeinden Oberröslau, Grün und Dürnberg. Große Erregung herrschte im Februar 1919 auch in Röslau, als bekannt wurde, dass der erste bayerische Nachkriegsministerpräsident Kurt Eisner in München erschossen worden war. Einer Massenkundgebung auf dem Rathausplatz folgte ein Umzug mit dem Endziel Geiersgarten, wo eine Eisner-Linde gepflanzt wurde. Ein Fanatiker hat diese aber noch im gleichen Jahr abgesägt. Im Jahre 1923 erfolgte die Wiedervereinigung der SPD aus den Teilgruppierungen USPD und MSPD. Zum Vorsitzenden der SPD wurde Martin Grimm gewählt, als Kassier fungierte Gottlieb Layritz, als Schriftführer Karl Prell. Dieses Trio war bis 1933 im Amt.
Im Jahr 1933 wurde die SPD von den NS-Machthabern verboten. In dieser Zeit gingen auch viele Unterlagen unseres Ortsvereins verloren. Dennoch: Das Gedankengut der Sozialdemokratie blieb auch durch die Schreckensjahre der Hitlerdiktatur erhalten. Kurz nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges erfolgte die Wiedergründung des SPD-Ortsvereins Oberröslau. Zum Vorsitzenden wurde Christian Nürnberger gewählt. Ab dem Jahr 1952 übernahm Kurt Gebhardt die Führung bis 1971. Danach hatten Bernd Marwitz bis 1977, Arthur Schneider bis 1979 und Ernst Stowasser bis 1995 den Ortsvorsitz. Bei der erneuten Übergabe des Ortsvorsitzes an Arthur Schneider wurde Ernst Stowasser 1995 zum Ehrenvorsitzenden ernannt. 1997 bis 2000 führte Hans Stöhr die Röslauer SPD. Ihm folgte Torsten Gebhardt.
Die SPD ist bis zum heutigen Tag die erfolgreichste Partei in Röslau. Bereits im Jahr 1925 stellte sie mit Andreas Ackermann den Bürgermeister der Gemeinde Oberröslau. In seiner Amtszeit wurde das neue Schulhaus erbaut, außerdem begann der Bau von Siedlungshäusern. Er leitete bis 1933 die Geschicke der Gemeinde und wurde nach Beendigung des 2. Weltkrieges von der Militärregierung wieder als Bürgermeister eingesetzt.
Bei den ersten freien Wahlen im Januar 1946 wählten die Oberröslauer den Sozialdemokraten Christian Nürnberger mit großer Mehrheit zum Gemeindeoberhaupt. Bis zur Zusammenlegung der beiden Gemeinden Ober- und Unterröslau im Jahre 1966 übte er dieses Amt aus. Zu den großen Problemen, die Nürnberger nach dem Krieg zu bewältigen hatte, gehörte die Unterbringung der vielen Heimatvertriebenen, ebenso die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln. Als sich die Lage normalisiert hatte gelang es ihm, durch Industrieansiedlung zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen. Sein größter kommunalpolitischer Wunsch erfüllte sich 1966; die Zusammenlegung von Ober- und Unterröslau. Von den ersten freien Wahlen nach dem Krieg bis 1966 hatte die SPD die absolute Mehrheit im Oberröslauer Gemeinderat. Von 1956 bis 1966 wurden die 10 Sitze im Gemeinderat alle von Sozialdemokraten besetzt – welch ein Erfolg!
Von solchen Zeiten wagen wir heute nur noch zu träumen. Allerdings wurde auch – wenn man heute noch lebenden Zeitgenossen glauben darf – in diesem berühmten 11er-Rat mehr und heftiger gestritten, als in allen Gemeinderatsgremien vorher und nachher. Böse Zungen behaupten sogar, dass es hin und wieder passiert sein soll, dass einzelne Antragsteller in der Hitze des Gefechtes gegen ihren eigenen Antrag gestimmt haben. Aber auch damals gab es offensichtlich schon ruhigere Zeiten, weil – wie berichtet wird – nach des Tages Mühe in der warmen Sitzungsstube auch damals schon ab und zu sogar ein Nickerchen vorgekommen sein soll.
Im Unterröslauer Gemeinderat schaffte die SPD im Jahre 1960 erstmals die absolute Mehrheit. Sechs von zehn Sitzen wurden errungen. Von 1952 bis 1960 war Ludwig Bauriedel zweiter Bürgermeister, von 1960 bis 1962 Max Hager und von 1962 bis zur Zusammenlegung Hermann Stowasser. Auch in Dürnberg kam der Bürgermeister aus den Reihen der SPD. Karl Grimm übte dieses Amt von 1945 bis zur Eingemeindung Dürnbergs nach Oberröslau im Jahre 1956 aus.
Die Erfolge der Sozialdemokraten hielten auch nach der Zusammenlegung an: 1966 wurde Kurt Gebhardt mit großer Mehrheit zum Bürgermeister gewählt und in den Jahren 1972 und 1978 eindrucksvoll in seinem Amt bestätigt. In seine Amtszeit fielen der Schulhaus-Neubau, die Wasserleitungserweiterung, der Bau einer vollbiologischen Kläranlage und die wesentliche Verbesserung der Verkehrsverhältnisse. 1978 schaffte Kurt Gebhardt den Sprung in den Bayerischen Landtag. 1984 wurde Max Hager zum Bürgermeister gewählt und die SPD konnte ihre Mehrheit im Gemeinderat wieder ausbauen. 1990 bei der Wiederwahl im Amt bestätigt, musste Max Hager 1993 aus gesundheitlichen Gründen als Bürgermeister zurücktreten. In den darauf folgenden Bürgermeisterwahlen hat die SPD ihre langjährige Tradition, den Röslauer Bürgermeistersessel zu besetzen, nicht mehr fortsetzen können. Dennoch wurde bei den Kommunalwahlen 1996 wieder die absolute Mehrheit für die SPD im Gemeinderat erreicht.
Die Röslauer SPD nimmt ihre sehr guten Wahlergebnisse, insbesondere bei den Kommunalwahlen, auch weiterhin als Bestätigung und Ansporn für eine fruchtbare Arbeit zum Wohle unseres Ortes und unserer Bürger.
Arthur Schneider