12. November 1918: Das Frauenwahlrecht

Mit dem Ende des Kaiserreichs und mit Übernahme der Regierungsverantwortung durch die Sozialdemokratie war der Weg frei für eine der zentralen sozialdemokratischen Forderungen: Am 9. November 1918 hatte Friedrich Ebert die Regierungsgeschäfte übernommen, und schon am 12. November beschloss der Rat der Volksbeauftragten das aktive und passive Wahlrecht für Frauen.

Bild: Die Schauspielerin Senta Söneland wirbt für das Frauenwahlrecht zur Nationalversammlung, 17.1.1919. (Foto: AdsD der Friedrich-Ebert-Stiftung)

An den Wahlen zur verfassungsgebenden Nationalversammlung am 19. Januar 1919 beteiligten sich 78 Prozent der erstmals wahlberechtigten Frauen.

Ende 1919 gehörten der SPD mehr als 200.000 weibliche Mitglieder an. Frauen blieben aber auch in den zwanziger Jahren in allen Parteien weiterhin unterrepräsentiert und waren kaum in hohen Parteiämtern vertreten.

Die erste Frau, die in einem deutschen Parlament das Wort ergriff, war Marie Juchacz (1879 bis 1956). Die Sozialdemokratin hielt am 19. Februar 1919 in der "Deutschen Nationalversammlung" in Weimar eine historische Rede:

"Meine Herren und Damen! Es ist das erste Mal, dass in Deutschland die Frau als Freie und Gleiche im Parlament zum Volke sprechen darf, und ich möchte hier feststellen, und zwar ganz objektiv, dass es die Revolution gewesen ist, die auch in Deutschland die alten Vorurteile überwunden hat. (...) Die Frauen besitzen heute das ihnen zustehende Recht der Staatsbürgerinnen. Gemäß ihrer Weltanschauung konnte und durfte eine vom Volk beauftragte sozialistische Regierung nicht anders handeln, wie sie gehandelt hat."

Marie Juchacz war Mitglied des Parteivorstandes der SPD und zuständig für Frauenfragen. Sie leitete von 1917 bis 1933 das "Frauenbüro" der Partei. Ihr Name ist vor allem auch mit der Arbeiterwohlfahrt verbunden, die 1920 unter ihrer Leitung gegründet wurde. Für Frauen aller politischen Richtungen wurde in der Weimarer Republik Sozialarbeit ein wichtiges politisches Arbeitsgebiet.

Die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler bedeutete das Ende sowohl der proletarischen wie der bürgerlichen ersten Frauenbewegung in Deutschland und die Loslösung aus internationalen Verflechtungen. Viele der erkämpften Rechte, so das passive Wahlrecht oder der Lohngleichheitsgrundsatz, wurden wieder abgeschafft.

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